„Im Grunde sind wir nur Gast bei der Geburt“

24. August 2022

Als Hebamme zurück in die Geburtshilfe

Ehe die Kamera klickt, rückt Hebamme Susanne die Grußkarte für frischgebackene Eltern zurecht. In der Geburtshilfe des Herz-Jesu-Krankenhauses, wo die 42-Jährige seit einigen Monaten arbeitet, achtet sie auf jedes Detail. Nach vielen Jahren in der Pflege folgt die ausgebildete Hebamme und Gesundheits- und Krankenpflegerin hier wieder ihrem Herzenswunsch. 

„Ich wollte nie etwas anderes werden als Hebamme“, sagt Susanne. Mit 14 Jahren absolviert sie ihr erstes Praktikum bei einer engen Freundin der Familie. Dabei erlebt sie ihre erste Geburt mit, die den Wunsch noch weiter festigt. 2000 beginnt sie ihre Ausbildung an der Hebammenschule in Wuppertal.

Doch mit dem Abschluss 2003 kommt die Ernüchterung: Im Gesundheitssystem wird das Abrechnungsmodell geändert, viele Geburtshilfen können daraufhin nicht mehr rentabel arbeiten und müssen schließen. „Aus meiner damaligen Klasse von 30 Hebammen haben gerade mal 12 eine Anstellung gefunden,“ sagt Susanne nachdenklich – heute eine unvorstellbare Situation. Denn nicht nur in Dernbach, auch in den Geburtshilfen in der Umgebung werden händeringend Hebammen gesucht.  

2005 entscheidet sich Susanne für eine zweite Ausbildung. Als examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin – heute ist es die Ausbildung als Pflegefachmann/frau – arbeitet sie anschließend 15 Jahre in der Pflege, zuletzt auf einer Intensivstation in Bad Ems. 

Als Susanne im Geburtshaus in Koblenz ihr zweites Kind zur Welt bringt, verspürt sie immer stärker die Sehnsucht nach der Hebammenarbeit. Über Kollegen hört sie von der Dernbacher Geburtshilfe und schickt spontan eine Initiativbewerbung. Und ist verblüfft von dem Tempo, das folgt: Innerhalb einer Woche nach ihrer Bewerbung hat sie Probe gearbeitet und hält zwei Tage später ihren Arbeitsvertrag in den Händen. Der Wiedereinstieg in die Geburtshilfe ist besiegelt. „Susannes Bewerbung kam genau zur richtigen Zeit“, sagt Astrid Eisenberg, Pflegedirektorin des Krankenhauses. „Wir freuen uns sehr, dass sie als Wiedereinsteigerin unser Team verstärkt.“ Ob frisch examinierte Berufseinsteiger oder erfahrene Kräfte, die den Wiedereinstieg suchen – das Herz-Jesu-Krankenhaus will neuen Mitarbeiter*innen den Start so angenehm wie möglich gestalten. 

Bei ihrer Rückkehr sind planbare Dienste, feste Arbeitstage und ein funktionierendes Team für Susanne sehr wichtig. Denn auch wenn sie von Herzen gerne Hebamme ist, so ist ihr wohl bewusst, dass sie lange nicht mehr im Kreißsaal gearbeitet hat. Deswegen unterstützt das Krankenhaus sie mit einer verlängerten Einarbeitung. „Vorgesehen waren eigentlich zwei Monate. Auf meine Bitte wurde die Einarbeitungszeit mit drei Monaten genau auf mich zugeschnitten“, lobt Susanne. Ein Rufdienst im Hintergrund gibt ihr zusätzlich die Sicherheit, bei Bedarf eine Kollegin rufen zu können.

Damit sie eine Beziehung zu den Gebärenden aufbauen kann, die sie begleitet, bringt Susanne viel Ruhe in ihre Arbeit. „Ich bin eigentlich nur Gast bei der Geburt“, beschreibt die Wiedereinsteigerin ihre Aufgabe. Hauptpersonen seien die Gebärenden, denen ein positives Geburtserlebnis ermöglicht werden soll. Dazu muss es auch im Team stimmen. „Wir sprechen im Team alle auf Augenhöhe miteinander, egal ob Ärzte oder Hebammen“, betont Susanne.

Und wie empfindet sie den Kontrast zwischen dem ländlich gelegenen Dernbach und den großen Geburtskliniken ihrer Ausbildungszeit? Da muss Susanne nicht lange überlegen. „In der Geburtshilfe im Herz-Jesu-Krankenhaus herrscht eine sehr familiäre Atmosphäre. Wir können hier sehr familienorientiert arbeiten, um den Frauen eine selbstbestimmte Geburt zu ermöglichen, und ihnen Zeit lassen. In größeren Häusern gibt es diese Möglichkeit oft nicht, weil es sehr hektisch zugeht.“

Für Susanne ist ihr Beruf auch Berufung. Umso mehr freut sich sie darüber, in Dernbach den Wiedereinstieg in ihren Traumberuf wagen zu können.



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